Woher weiß ich, was ich brauche?
Podcastfolge 02
Wie kann ich meine Bedürfnisse wahrnehmen und umsetzen? Oft fällt es uns schwer wirklich zu wissen, was wir brauchen, geschweige denn Bedürfnisse auch umsetzen zu können, wenn wir sie wahrnehmen. Meist spüren wir eher, was wir nicht (mehr) wollen oder brauchen und auch da stellt sich die Erschöpfung oder ein Gefühl des Ausgelaugt-Seins oft erst im Nachhinein ein. Gerade in Momenten, in denen wir den Zugang zu unseren Bedürfnissen am meisten bräuchten, wenn wir uns festgesteckt, erschöpft oder „wie im Nebel“ fühlen, scheint es, als gäbe es nichts, was unseren Zustand wieder verbessern und erleichtern könnte. Nicht selten verzweifeln wir dann an dem Gefühl, dass es nie wieder anders wird, und verurteilen uns selbst für unsere Verfassung.
Alles hat eine Funktion
Wichtig zu wissen, ist in diesem Zusammenhang einerseits, dass ein fehlender Zugang zu unseren Bedürfnissen eine Funktion erfüllt bzw. erfüllt hat. Es ist also etwas, das uns einst gedient, wenn nicht sogar geschützt hat. Gabor Maté erklärt zum Beispiel in seinen Büchern sehr schön, wie wir in unserer Gesellschaft von klein auf lernen, auf einen Teil unserer Bedürfnisse zugunsten des Bedürfnisses nach Zugehörigkeit zu verzichten. Im Erwachsenenalter fällt es uns dann eben oft sehr schwer, unsere Bedürfnisse wirklich zu spüren.
Andererseits hilft das Wissen um die Funktion der Bedürfnisunterdrückung dabei, dass man sich nicht selbst zusätzlich dafür verurteilt, nicht zu spüren, was man braucht.
Selbst-Mitgefühl
Während ein kritischer, verurteilender innerer Dialog dazu führt, dass man keinen Zugriff auf die höheren Funktionen des Gehirns, wie zum Beispiel Lösungsfindung, Kreativität etc., hat, hilft Selbst-Mitgefühl enorm. Denn jeder Zustand hat ein biochemisches und neurologisches Äquivalent in unserem Körper.
Dieses sanfte Umgehen mit sich selbst, besonders in einer Situation, in der man sich nicht gut fühlt, führt dazu, dass man wieder frei denken und zur Ruhe kommen kann. Dann haben wir wieder eine Verbindung zu unserer inneren Weisheit, zu unserem präfrontalen Kortex und wissen intuitiv, was uns guttut.
Diese verschiedenen neurobiologischen Vorgänge sind mittlerweile gut erforscht und das Wissen darum hilft, aus dem negativen Kreislauf auszusteigen.
Körperweisheit nutzen
Essenziell dabei ist auch die Hinwendung zum Körper. Denn unser Körper ist weiser, als wir denken und gibt uns immer Signale dafür, was er braucht. Sehr oft sind die Signale subtil und nicht so klar, wie wir es uns wünschen. Aber mit der Zeit kann man lernen, auf den Körper zu hören und ihm ein größeres Mitspracherecht zu geben, gerade auch wenn es um Bedürfnisse geht. Wie fühlt sich mein Körper an? Wo im Körper spüre ich etwas? Atme ich frei und tief oder eher flach und kurz? Solche Fragen zusammen mit einem wirklichen Hinspüren helfen, sich wieder mit den eigenen Bedürfnissen und somit auch mit der eigenen Körperweisheit zu verbinden. Ein tiefes Durchatmen, eine Hand aufs Herz, ein Innehalten – all das scheint nicht viel zu sein, signalisiert dem Nervensystem aber bereits, dass es entspannen kann. Dann kann ein Gefühl von Weite entstehen, im Gegensatz zum Gefühl der Kontraktion, wenn wir unsere Bedürfnisse unterdrücken. Plötzlich haben wir dann ein bisschen mehr Raum, um zu fühlen, was wir brauchen UND eine Idee davon zu bekommen, wie wir das Bedürfnis stillen können. In diesem entspannten Zustand ist es leichter, zu überlegen, was man wirklich will und braucht und wir können zum Beispiel kreative Pläne schmieden, wie wir unseren Bedürfnissen in Zukunft besser gerecht werden wollen.
Was ist das Liebevollste, was ich für mich tun kann?
Gerade wenn man sehr hart zu sich selbst ist und es gewohnt ist, seine Bedürfnisse zu unterdrücken bzw. sie sich nicht zuzugestehen, kann es hilfreich sein, die Frage quasi „abzugeben“. Mit der simplen Frage „Was ist das Liebevollste, was ich in diesem Moment für mich tun kann?“ bzw. die englische Variante, die zum Beispiel Elizabeth Gilbert oder Mike Robbins nutzen „What would love do?“, öffnen sich nicht nur der Zugang zu Selbst-Mitgefühl, sondern oft auch ganz neue Möglichkeiten der Selbst-Fürsorge. Nach und nach können wir so lernen, auf unsere Bedürfnisse zu hören und sogar Vertrauen in ihre Weisheit zu entwickeln.
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