Selbstverantwortung
08. Oktober 2025
Podcast 96 | Selbstverantwortung – der leise Schlüssel zur inneren Freiheit
Selbstverantwortung – der leise Schlüssel zur inneren Freiheit
In der heutigen Folge bringen wir den Fokus zurück zu dir und widmen uns dem Thema Selbstverantwortung. Was löst das Wort aus? Was assoziierst du damit? Und was, wenn es um etwas ganz anderes geht, als du denkst? Selbstverantwortung wird oft ausschließlich mit unangenehmen, Disziplin erfordernden Verzicht und dergleichen gleichgesetzt. Doch stimmt das wirklich? Vielleicht trifft der Satz „alles beginnt mit und bei dir“ ja zu, aber dennoch ganz anders als gedacht. Was, wenn in Selbstverantwortung ganz viel Freiheit verborgen liegt, zu der man ohne ehrliches Hinschauen keinen Zugang hat? Hör rein und wende dich nach innen!
Selbstverantwortung unter der Lupe
Aber stimmt diese Verbindung von Selbstverantwortung mit erzwungener Disziplin? Oder hat Selbstverantwortung vielmehr mit einem ehrlichen Blick auf sich selbst und seine wahren Bedürfnisse, Sehnsüchte und Werte zu tun, als wir denken? Wie oft ist man wirklich ehrlich zu sich selbst? Wie oft spürt man überhaupt, was man wirklich braucht? Meist geht diese Innenschau im Trubel des Alltags eher unter. Sei es, weil die Zeit dazu zu fehlen scheint, weil man auf eine gewisse Weise Angst hat, ehrlich zu sich zu sein, oder weil eine Kombination aus diesen und weiteren Faktoren dazu führt, dass man lieber nicht so genau hinschaut.
Meist entsteht dann eine Art chaotischer emotionaler Zustand, mit dem man sich nicht wohlfühlt. Statt selbstverantwortlich seine Bedürfnisse, Sichtweisen und Wünsche wahrzunehmen und dafür einzustehen, „wurschtelt“ man sich oft so durch den Alltag. Nicht selten ergeben sich dadurch auch unangenehme und aufgeladene zwischenmenschliche Situationen, bei denen man auch andere für seinen Zustand bzw. dessen Besserung verantwortlich macht. Da das selten gut geht und oft sogar noch mehr Unzufriedenheit erzeugt, ist dies eine eher unzureichende Lösung.
Lösung statt weiterem To-Do
Was also, wenn Selbstverantwortung bedeutet, dass man sich zugesteht, zu spüren, zu brauchen und zu wollen, was da ist? Um dann dafür die Verantwortung zu übernehmen und seinen Bedürfnissen entsprechend zu handeln. Wenn ich mir zum Beispiel eingestehe, dass ich müde bin und mir dann auch erlaube, mich hinzulegen – und sei es nur für eine kurze Zeit, weil gerade nicht mehr möglich ist –, dann habe ich mir selbst den Rücken gestärkt und auf die Signale meines Körpers gehört. Als Folge davon kann ich dann eventuell in Interaktionen mit anderen Menschen mehr bei mir bleiben und mache mein Wohlbefinden nicht so abhängig davon, wie sich die anderen verhalten. Ich muss zum Beispiel nicht darauf warten, dass das Gegenüber erkennt, wie müde ich bin, und dann wütend und traurig sein, wenn es nicht erkannt wurde und ich mir ausmale, was das alles bedeuten könnte. Wenn ich mir meine Müdigkeit bereits selbstverantwortlich zugestanden habe, bin ich gestärkter und freier, sowohl im Umgang mit mir selbst als auch mit anderen.
Selbstverantwortung im Beratungs-Kontext
Auch im Beratungskontext ist das Thema „Selbstverantwortung“ extrem relevant. Einerseits werden oft Heilsversprechen an Hilfesuchende gegeben, die leider auch nicht selten eine Abgabe der Verantwortung und somit der Macht fordern. Davon ist in jedem Fall Abstand zu nehmen. Eine gute Beratungssituation bedeutet in den allermeisten Fällen eine Zusammenarbeit von allen Beteiligten und erfordert von allen auch, ihren Teil der Verantwortung zu übernehmen. Ein aktives, gemeinsames Erarbeiten einer Strategie mit Ermutigung zur Selbstermächtigung und auch zur Selbstverantwortung ist ein gutes Qualitätsmerkmal von seriösen Beratungen und Hilfsangeboten.
Andererseits wird vielleicht auch von der KlientInnenseite erwartet, dass man die Verantwortung komplett an die Hilfe bzw. Unterstützung anbietende Seite auslagern kann. Da ist wiederum ein ehrlicher Blick notwendig: Möchte man alle Verantwortung abgeben und einfach selbst nichts dazu beitragen? Möchte man diese Power, diese Macht, wirklich komplett auslagern?
Denn selbstverantwortlich zu leben, bedeutet auch, dass man zu der Macht, die man selbst hat, steht und sie auch beansprucht.

„Aber ich mach eh schon alles!“
Das Wort „Selbstverantwortung“ löst bei vielen eine Art Stress oder Unmut aus. Automatisch wird damit assoziiert, dass man etwas tun sollte oder dass man selbst „schuld“ an seiner Situation ist und sie eh ändern könnte, wenn man es nur ernst genug versuchen würde. Oft wird geglaubt, dass Selbstverantwortung auch eine Art der Selbstdisziplinierung erfordert, die mit Zwang und Druck verbunden ist. Dies zeigt einerseits, wie tief der Glaube, dass wir so, wie wir sind, nicht gut genug sind, in unserer Gesellschaft verankert ist. Andererseits zeigt es auch, wie groß die allgemeine Überlastung und Überforderung ist.
